Vom Fahrersitz in die Backstube
Den Jugendlichen verschlägt es zunächst in eine Gärtnerei. Dort lernt er zweieinhalb Jahre den Beruf Gärtner im Bereich Baumschule. Danach arbeitet Olav Praetsch anderthalb Jahre in seinem Beruf und macht mit 19 Jahren seinen Lkw-Führerschein. Zunächst ist er für seinen Ausbildungsbetrieb und später als deutscher Lkw-Fahrer für ein schwedisches Unternehmen auf Achse: „Ich bin viel gefahren, habe Leute und Länder kennengelernt. Dann sagte mein Vater, er braucht Hilfe im Betrieb.“
Olav Praetsch kehrt kurz darauf nach Hamburg zurück, fährt Brötchen aus und arbeitet in der Bäckerei. Die Backstube kennt er von klein auf, hatte da schon viel gelernt - von seinem Vater. „Er ist mein größtes Vorbild“, sagt Olav Praetsch und ergänzt: „Er war ein Allround-Konditor, der die ganze Bandbreite abbildete und ein feines Gespür für Gestaltung hatte“. Der Vater rät ihm: „Du könntest auch gleich eine Konditorlehre machen.“ Die Entscheidung dafür ist ein zweifaches Nachhause kommen. Später wechselt Olav Praetsch in die Geschäftsführung des Familienunternehmens und besucht eine Meisterschule, absolviert die Meisterprüfung: „So landete ich in meinem Beruf. Chocolatier als Ausbildungsberuf gibt es nur in Frankreich und Belgien. Ich bin klassischer Konditor und das werde ich immer bleiben.“
Von der Waterkant nach Sachsen
1991 startet Olav Praetsch im sächsischen Wurzen mit einer eigenen Bäckerei und Konditorei. Die nächsten Jahre entwickeln sich rasant. Zwischenetappen mit Kuchenproduktion, der Umgestaltung des Betriebes, Abstoßen von Filialen und Versorgung der Leipziger Messe gehören dazu. „Alles war Veränderung, die Luft brannte. Aber alles fügt sich“, so der Unternehmer. Auch das, was 1993 passiert. Eine Annonce in der Bäckerzeitung bietet den Verkauf einer Grundausstattung für Pralinenformen an. Das anschließende Telefonat dauert lange, auch, weil die Chemie stimmt, fährt der nordsächsische Geschäftsmann nach Niedersachsen. In der Annahme einen Teil an Maschinen und Equipment erworben zu haben, staunt Olav Praetsch über die komplette Ausstattung und vor allem die ganz einzigartigen, handgeschmiedeten Förmchen: „So etwas habe ich nie wieder gesehen.“ Alleine für den Abtransport mussten zwei weitere LKW rollen.
Der Weg zur Schokoladenmanufaktur
Die 90er Jahre waren geprägt von Umbrüchen und Berg- und Talfahrten. Mit Ina Baltz an seiner Seite steht schnell fest „Nichts mehr ohne Sie“. Ina Baltz hat die kaufmännische Leitung, Olav Praetsch die fachliche Leitung. Gemeinsam wird der Betrieb neu überplant, Konzepte entwickelt und wieder verworfen.
2004 kommt es zum entscheidenden Schritt: „Wir machen jetzt nur noch Schokolade.“ Der Grundstein der Chocolaterie Olav Praetsch ist gelegt. Produziert werden die Schokoladen und Pralinen zunächst im Wurzener Stammhaus, wo der Urgroßvater bereits 1852 eine Konditorei mit Café eröffnete. Kontinuierlich wächst die Breite der Produkte. Die besondere Qualität der Schokospezialitäten spricht für sich, lässt die Nachfrage in die Höhe schnellen. Perspektivisch braucht es eine größere Produktionsstätte. Die finden Olav Praetsch und seine Mannschaft 2008 in Wermsdorf. Idyllisch in der Nähe des Horstsees gelegen, entsteht die neue Schokoladenmanufaktur, die 2011 ihren Betrieb aufnimmt. Mittlerweile ist sie eine Instanz in der Schokoladen- und Pralinenproduktion mit Schauwerkstatt, Werksverkauf, Verkostungsmöglichkeit und charmantem kleinen Café. Hier werden auch Workshops und Events rund um das Thema Schokolade angeboten.
Olav Praetsch hat es nie bereut, nach Sachsen gekommen zu sein - „Der Osten war die richtige Entscheidung.“ - und sich ausschließlich auf Schokolade zu konzentrieren: „Schokolade ist ein höchst emotionaler Werkstoff und öffnet Menschen aus dem Stand.“